Projektdaten
Projekt: Kindergarten Ort: Binzmühle, Rotkreuz, Schweiz Ausführung: Melk Nigg Architects, Schweiz Jahr: 2020 Fotos: Melk Nigg,
Kasia Jackowska
Lass die Kinder spielen
Das Gebäude befindet sich von den Straßen zurückgesetzt in der Mitte des Geländes. Zwei Tore und eine Vielzahl von Abkürzungen führen zum Gebäude. Der Holzpavillon weckt Assoziationen zu japanischen Häusern durch eine hölzerne Veranda, die über einer wilden Wiese schwebt, mit Steinen anstelle von Treppen. Mit langen, senkrechten Fassaden scheint das Haus nur ein Stockwerk zu haben: Das Zwischengeschoss ist unter den Traufen versteckt.
Es gibt keinen Haupteingang, die beiden Kindergartengruppen haben zwei getrennte Türen, die über Treppen zu einem großen gemeinsamen Foyer führen.
Die beiden Klassenräume sind symmetrisch auf zwei Seiten angeordnet. Drei der vier Wände bestehen aus Fenstern mit Türen, die zu einer Veranda führen, die das Gebäude umgibt. Die Morgensonne erhellt die Zimmer, wenn sich die Kinder zu Gruppenaktivitäten treffen, die von den Lehrern geleitet werden. Von jedem der Räume führen Wendeltreppen zu einem Zwischengeschoss: einem Ort, an dem die niedrige Decke ein Gefühl von Intimität und Verspieltheit vermittelt, wobei der Raum kindgerecht neu skaliert wird – wie in Alice im Wunderland. Es ist ein Ort, an dem die Kinder alleine in ihrer Welt spielen können, mit ihren eigenen Regeln. Die rechteckige Geometrie der Haupträume verschwindet und wird ersetzt durch verspielte Schrägen und runde Lichter. Die größeren davon – primäre Lichtquellen – rahmen Standard-VELUX-Fenster ein, spielerisch angeordnete kleinere Leuchten imitieren das Tageslicht.
„Die archaische Geste eines großen Schrägdachs schützt und umarmt die Kinder. Doch weil Schutz allein kein Kind stark macht, haben wir das Haus für die Elemente geöffnet: Tageslicht, Luft und Wasser. Durch die großen Öffnungen im Dach sieht man die Sonne, vorbeiziehende Wolken, hört den Regen oder erlebt die Stille und Ruhe von frisch gefallenem Schnee.“ Melk Nigg
Jahrhundertalte Werte
Bei jedem starken Regen verwandelt sich das vom Dach laufende Wasser in Wasserfälle, so dass die Kinder die Kraft der Elemente miterleben können. Mitten auf der Wiese, neben dem Bach, bietet eine gemauerte Feuerstelle Platz für Versammlungen – in die Flammen schauen, Speisen auf offenem Feuer zubereiten, so, wie es unsere Vorfahren taten. In Zeiten allgegenwärtiger Touchscreens ist dies eine bedeutende und willkommene Veränderung im Umgang der Kinder mit ihrer Umgebung.
Das Thema Naturverbundenheit setzt sich im Erdgeschoss fort, mit einer vollverglasten, zum Teil zu öffnenden Fassade, die das Innere mit dem Außen verbindet. Diese Transparenz ermöglicht den Blick von außen durch das Haus hindurch auf die andere Seite des Gartens. Spiegelungen der Bäume im Glas erinnern an die kindliche Traumwelt, in der Realität und Imagination nahtlos ineinanderfließen und sich das Gebäude im umliegenden Garten auflöst.